Ohrwurm für gelingendes Miteinander
Mit meiner Arbeit als Prozessbegleiterin und Facilitatorin möchte ich spürbar machen, daß Zusammenarbeit effektiv sein kann, jeder Mensch zum Gelingen des Mitinanders beitragen will und Zeit miteinander in einer Gruppe erfüllend sein kann.
Denn ich habe herausgefunden, daß nicht die anderen die Hölle sind, sondern die Abläufe, in denen wir gefangen sind und die Gewohnheiten, die wir uns zugelegt haben, um damit klarzukommen.
Also hoffe ich daß – inspiriert durch ein gelungenes Miteinander – Teilnehmer meiner Workshops später den Abläufen ihrer täglichen Meeting etwas mehr Aufmerksamkeit schenken. Daß sie sich fragen „wozu sind wir zusammengekommen und was ist unsere Aufforderung oder Einladung an jeden Einzelnen, wie er sich einbringen kann“?
In optimistischen Momenten stelle ich mir sogar vor, daß sie etwas Neues ausprobieren, das abweicht von den üblichen Powerpoint-Textwüsten, gefolgt von einer öden Frage-und Antwort-Runde.
In meinen hoffnungsvollsten Momenten stelle ich mir meinen Anstoß zu positiver Veränderung wie einen ansteckenden Rhythmus vor, den man nicht mehr aus dem Kopf bekommt oder noch besser: der direkt in die Füße geht, ein wenig so, wie es Giorgio Moroder mit seinem “Click” als Beitrag zum Sound der Zukunft gelungen ist.
Vor zwei Jahren war ich auf der Suche nach einer Umgebung, um mit Facilitation-Methoden zu experimentieren und bin dabei auf das Liberating Structures Lab Berlin gestoßen. Hier treffen sich Anwender der Liberating Structures (LS), einer Sammlung von 33+ „Mikrostrukturen“ für Gruppensituationen.
Auf den ersten Blick findet man in dieser Übersicht einige bekannte Formate. Doch der Charme der Liberating Structures ist nicht ihre Außergewöhnlichkeit, sondern ihr inklusiver und partizipativer Anspruch.
Die Kuratoren der Structures - Keith McCandless und Henri Lipmanowicz – haben mit zahllosen Gruppen und einer wachsenden Anzahl von Liberating Structures „Super-Usern“ jede der aufgelisteten Strukturen ausprobiert, verfeinert und nach einer für alle Structures gleichen Systematik so aufbereitet, daß sie von jedem ohne großes Vorwissen oder Praxis angewendet werden kann.
Anfangs habe ich nur meine Lieblingsmethoden mit einer Liberating Structure hier und da kombiniert.
Inzwischen aber, mit dem “Click” als Anspruch, versuche ich in meinem Prozessdesign inklusiver zu sein. Das bedeutet, daß ich Methoden verwende, die meine Teilnehmer nach dem durch mich facilitierten Meeting nachlesen und vielleicht einmal selbst ausprobieren können.
Einfache Anwendbarkeit und nachvollziehbare Beschreibung ist eines der Gestaltungsprinzipien der LS so daß sich auch Neulinge an jede der LS wagen können. Dementsprechend beobachte ich mich seit einiger Zeit dabei, wie ich mehr und mehr Workshops mit Abfolgen von LS gestalte.
Die Strukturen sind ansteckend: Inspiriert von der Verwendung von What, So what, Now What nach Präsentationen in einer Strategieklausur benutzt einer meiner Kunden diese Struktur nun in organisationsübergreifenden Meetings, um das Vorgestellte zu reflektieren und informiertes Handeln abzuleiten.
Im Sinne des partizipativen Ansatzes gibt es eine wachsende Gemeinschaft von Praktikern rund um den Globus, die in lokalen Usergoups experimentiert und lernt oder sich über Slack vernetzt, um Anwendungsbeispiele auszutauschen, gemeinsame Arbeit zu koordinieren, neue Anwendungsfelder von LS zu entdecken und - am wichtigsten - sich gegenseitig zu unterstützen.
Wenn es also „Click“ gemacht hat und ein Kunde vielleicht tanzen möchte, dann gibt es viele Möglichkeiten; loszulegen – allein oder mit mir als Partnerin.
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Dieser Artikel ist die deutsche Übersetzung eines Artikels für das Global Flipchart, dem quartalsweise versandten Newsletter der International Association of Facilitators.